Nr. 32

Liebe Lebensläufer,

der eine oder andere mag sich bereits gefragt haben, warum ich in den letzten Wochen so wenig von mir habe hören lassen und bis auf zwei Ausnahmen auch keine neuen Beiträge an dieser Stelle erschienen sind. Jedenfalls erreichten mich verschiedene, teils nicht allzu freundliche Anfragen, wann denn die nächste Lieferung zu erwarten ist.

Es macht mich – bei aller Bescheidenheit – sehr stolz, zu wissen, dass da draußen inzwischen eine treue Fangemeinde des Lebensläufer-Blogs entstanden ist, die sich jeden Mittwoch vor dem PC eingefunden hat, um zu erfahren, was es Neues gibt. Nun möchte ich eure Geduld nicht länger auf die Folter spannen und zumindest berichten, was sich in der Zwischenzeit ereignet hat.

In diesem Augenblick befinde ich mich in Kailua-Kona auf Hawaii. Ich sitze mit meinem Notebook auf der Terrasse eines kleinen Ferienhauses unter einem weißen, holzgeschnitzten Vordach und blicke bei milden 24 Grad auf den Pazifik. Es ist ein wunderbarer Morgen, und gerade bin ich mit dem Frühstück fertig geworden. Tja, liebe Lebensläufer, was soll ich sagen, das Leben ist schön.

Seit Anfang Februar bin ich jetzt schon hier, im Trainingslager für den Ironman-Triathlon am 8. Oktober. Ein ehemaliger Kommilitone meines Stiefopas organisiert dieses Camp für einen kleinen, ausgewählten Kreis von Teilnehmern. Als ich Anfang des Jahres davon im Rotary-Club hörte und gefragt wurde, ob ich nicht dabei sein möchte, war ich natürlich sofort Feuer und Flamme. Hawaii, Sonne, Strand und Palmen! Ich habe mich sofort für das kommende Sommersemester beurlauben lassen und trainiere hier bis Oktober. Bevor jetzt Nachfragen kommen: Für den Wettkampf registriert bin ich natürlich auch schon.
Überhaupt habe ich mich durch mein Jurastudium in den letzten Monaten etwas unterfordert gefühlt – ich brauche jetzt einfach eine Challenge. Vielleicht kann ich danach auch die Schmach des letzten Laufes endlich vergessen. Sabrina, deine Nachricht habe ich natürlich gelesen und wollte eigentlich längst darauf antworten, aber wie das so ist: Ich bin einfach noch nicht dazu gekommen. Nach dem Wettkampf, wenn ich wieder zurück bin, sollten wir uns aber unbedingt einmal treffen und alles ausführlich besprechen. Ich bin mir sicher, dass wir noch eine glückliche Zukunft vor uns haben, wenn wir beide hart an uns arbeiten.

In der Zwischenzeit habe ich Professor Haase gebeten, sich um neu eingehende Beiträge und Kommentare zu kümmern und die Diskussion mit seinen Erfahrungsschätzen zu beleben. Seine ungeheure Expertise war bislang schon eine große Bereicherung für diesen Blog, und ich bin mir sicher, dass er die Amtsgeschäfte in meiner Abwesenheit würdig fortführen wird. Ansonsten bleibt alles wie es ist, die Lebensläufer laufen weiter und wir laufen mit.

Aloha!
JMA

P.S.: Und wenn Sie jetzt wissen möchten, wer diesen Blog wirklich verfasst hat, dann finden Sie die Antwort unter der Rubrik „Wer dahintersteckt“.

Nr.30

Lieber Magnus!

Auch ich möchte mich an diesem Blog beteiligen.
Mein Name ist Cornelius Küster und ich bin Schüler der 10. Klasse des Cecilien-Gymnasiums Düsseldorf. Ich wohne mit meiner Familie in Golzheim, Düsseldorf. Mit meiner Familie meine ich meinen Vater (Architekt), meine Mutter (Managerin), meine große Schwester (20 Jahre) und mich.

In meiner Freizeit beschäftige ich mich meistens mit schulischen Dingen wie Hausaufgaben oder der Vorbereitung einer Klassenarbeit. Regelmäßig erhalte ich Preise für außerordentlich gute schulische Leistungen. Ich lese auch sehr gerne Bücher, besonders Biographien erfolgreicher Persönlichkeiten wie Andreas Voßkuhle oder Konrad Adenauer. Diese Menschen inspirieren mich sehr und ich nehme mir sie ein Stück weit sogar zum Vorbild.
Aber ein Vorbild ist natürlich auch mein Vater, wenn man mal bedenkt, was für ein tolles Leben er führt: Hat sich in einer der reichsten Gegenden Düsseldorfs seine Existenz aufgebaut, eine erfolgreiche Frau an seiner Seite und zwei Kinder, von denen wenigstens eins wahrscheinlich einmal etwas aus seinem Leben machen wird. Damit meine ich selbstverständlich mich!
Meine Schwester dagegen ist der totale Flop! Studiert nicht, sondern streunert wie eine Heimatlose völlig willkürlich durch die Welt. Lässt sich das alles von unserem Vater bezahlen und macht überhaupt keine Anstalten, ein geordnetes Leben zu führen. Ab und zu ist einmal eine Postkarte im Briefkasten, aber sonst ist nicht viel von ihr zu hören. Früher hat sie in ihrer Freizeit ständig etwas mit Freunden gemacht und sich überhaupt nicht auf die Schule konzentriert. Sie hat auch das Abitur nur geschafft, weil mein Vater mit dem Rektor befreundet ist. Man sieht also, dass ich mir zwangsläufig ein anderes Vorbild suchen muss. Und wenn ich ehrlich bin, muss ich sagen, dass Du meinem Zukunftsideal von mir selbst schon ziemlich nahe kommst. Ich habe, nachdem ich angefangen habe Deinen Blog zu lesen, echt gedacht: „Genau so und nicht anders!“ Du bist engagiert, organisiert und hast Dein Lebensziel praktisch schon vor Augen. So weit, so gut, bis ich den Blogeintrag über den Charity-Lauf gelesen habe…

Aber jetzt erstmal zu dem angesprochenen Thema Auslandserfahrungen. Wie man wahrscheinlich meiner Beschreibung von meiner Schwester entnehmen kann, halte ich nicht sehr viel von ziellosem „Rumreisen“. Ist es nicht wichtig, die freie Zeit effektiv zu nutzen? Ich bin der Meinung, dass man fast schon verpflichtet ist, sich des Privilegs der Bildung bewusst zu werden. Man muss sich nur einmal vor Augen führen, wie viele Menschen es gibt, die wahrscheinlich sehr gerne die Schule besuchen würden, um somit die Chance auf ein gutes Leben (im westlichen Sinne „gut“) zu haben. Wir alle wissen, dass „Das Recht auf Bildung“ seit 1948 in Artikel 26 der Menschenrechtsverordnung niedergeschrieben ist und dieses Recht darf nicht achtlos weggeworfen werden. Eine Nichtachtung von Bildung entspricht in meinen Augen fast schon einer Demütigung der Dritte-Welt Länder. Ich habe den Eindruck, die Menschen in der westlichen Kultur ruhen sich mehr oder weniger auf ihrem Wohlstand aus.

Vielleicht hat man aus dem vorhergegangenen Abschnitt auch herauslesen können mit welcher Intention ich das Jurastudium anstrebe: Ich möchte der Welt zeigen, dass es gewisse Dinge gibt, die ungerecht verteilt sind. Ich denke, dazu gehört es unter anderem auch, den Menschen, denen es gut geht auf dieser Welt, vor Augen zu führen, wie wichtig es ist, das schätzen zu lernen, was man hat.

Um jetzt als Beispiel wieder meine Schwester zu nehmen: Selbstverständlich ist sie glücklich, dass sie die Chance hat, in der Welt herumzukommen, aber schätzt sie die ihr gebotenen Möglichkeiten wirklich so, wie es sich gehört?

Ich bin auf jeden Fall überglücklich, Bildung genießen zu dürfen und halte es für Schwachsinn, wenn Leute das nicht ernst nehmen! Das höre ich auch immer wieder bei mir in der Schule: „Voll kein Bock auf Schule!“ oder „Schon wieder so viel Hausaufgaben?“. Solche Sätze, man könnte schon fast Floskeln sagen, machen mich wütend. Respekt vor unserem gesellschaftlichen Wohlstand und Wohlergehen ist bei denen in keinster Weise vorhanden.

Zu guter Letzt will ich aber doch auch noch ein Wort über Deine Aktion beim Charity-Lauf verlieren. Ich finde es ja echt super, dass Du Dich engagierst und Dir Ziele setzt. Deswegen „eifre“ ich Dir ja so ein bisschen nach. Ich habe auch überhaupt nichts gegen das Nachdenken über die aktuelle Beziehungssituation. Man muss vor allem in diesen Angelegenheiten besonders ehrlich zu sich selbst sein und wenn man zu dem Schluss kommt, dass die aktuelle Beziehung mit der Freundin nicht so wirklich funktioniert, ist es in manchen Fällen sogar besser einen Schlussstrich zu ziehen. ABER: Bei Deinem Verhalten hab ich jetzt so das Gefühl, dass das alles „nur“ eine Kurzschlussreaktion auf den einen dummen Satz Deiner Freundin war.
Ich persönlich habe Dich nach Deinem ersten Blogeintrag für einen abgeklärten Menschen gehalten, der nicht überstürzt handelt, aber leider habe ich mich da in Dir getäuscht.
Ich hoffe doch, Du lernst daraus, und bekommst auch das mit den Frauen wieder geregelt.

Ich bin gespannt, wie sich Dein Leben so weiterentwickeln wird!

Cornelius Küster

Nr. 29

Alle Lebewesen, außer den Menschen, wissen, dass der Hauptzweck des Lebens darin besteht, es zu genießen.

Samuel Butler

Lebensläufe, Lebensläufe… von allen Seiten höre ich, wie wichtig diese kleinen Papierzettel sein sollen und jetzt werde ich auch noch dazu angestiftet, nicht nur einen Lebenslauf, sondern auch noch meine Meinung über Lebensläufe abzugeben. Dabei muss man sich doch fragen, was so ein Lebenslauf eigentlich aussagt? Denn den wirklichen Lauf des Lebens, den ein jeder Student und auch jeder andere Mensch bestreitet (mal mehr und mal weniger effektiv), beschreibt dieses Stück Papier wohl eher nicht. Schließlich beginnt ein Lebenslauf doch erst an der Stelle, an der es im Leben um Leistung ging, an der Leistung erbracht wurde, die in irgendeiner Form hilfreich für den späteren Lebensweg wirkte.

Es scheint fast, als würden Erlebnisse, Handlungen, wenn vielleicht auch unbewusst auf den Wert für das spätere Leben und in diesem Zusammenhang wohl auch für den späteren Lebenslauf reduziert. … Ja, sogar Reisen, auf denen man wohl eher einmal allem entfliehen, den Stress hinter sich und einfach die Seele baumeln lassen möchte, werden mit in diese Bewertung einbezogen.

Ich spreche da aus eigener Erfahrung, auch ich hörte, als ich mein Auslandsjahr in Australien begann, nicht etwa nur die üblichen Floskeln wie „Gute Reise“, „Hab eine schöne Zeit“ oder „Genieß es“ zum Abschied – oh nein – vor allem wurde mir, insbesondere von der älteren Verwandtschaft, nahegelegt, die Zeit „gut zu nutzen“ und mir dadurch Vorteile bei meiner Rückkehr zu schaffen. Es schien mir fast, als hätte jeder von diesen selbsternannten Beratern aus dem Blick verloren, was ich mit diesem Aufenthalt eigentlich im Sinn hatte: mit meiner Reise einen Schritt in die Selbstständigkeit zu machen, neue Erfahrungen zu sammeln und vor allem eine andere Kultur zu erleben. Sind denn der Spaß und die Freude an dem, was man macht, nicht viel wichtiger als alles andere? Ist es nicht viel wichtiger, das, was man macht, zu erleben, sich damit identifizieren zu können? Sollte man nicht einfach genießen dürfen, was man erlebt?

Eines sollte ich bei meinen Ausführungen wohl klarstellen: Ich schreibe das alles nicht etwa, weil ich eifersüchtig auf meine Kommilitonen bin, die vielleicht einen besseren, spannenderen, eindrucksvolleren Lebenslauf als ich haben könnten. Im Gegenteil, ich bin vielseitig interessiert, habe gute Noten, schon einige Praktika hinter mir …. Ich bin sozial engagiert, viel gereist, spreche fünf Sprachen … ich darf also mit meinem Lebenslauf sehr zufrieden sein.

Aber geht es bei all den Praktika und Reisen, auch wenn diese sich wahrscheinlich sogar gut mit dem Studium in Einklang bringen lassen und wohl auch förderlich für die Hochschulausbildung sind, nicht vor allem darum, etwas Neues auszuprobieren, einfach neue Bereiche, im Fall einer Reise vielleicht sogar neue „Welten“ zu entdecken? Ist es nicht das Allerwichtigste, dass man sich für all diese Dinge entscheidet, weil man selbst Lust dazu hat? Weil man mit freudigem Interesse an die Sache geht und neugierig auf die Erfahrung ist? Ich denke, bei der Entscheidung für ein Praktikum, für einen Auslandsaufenthalt, vielleicht für alle Aktivitäten im Studium, sollten wir im Blick behalten, was dieses oder jenes uns selbst bedeutet, was wir für uns selbst damit anfangen können, anstatt einfach das zu wählen, was möglicherweise den größten Bonus im „Lebenslauf-Ranking“ bringt, aber Quälerei bedeutet und uns absolut nicht anspricht.

Denn sonst haben wir später vielleicht die größten, tollsten und kunstvollsten Lebensläufe, die sich der spätere Arbeitgeber vorstellen kann, aber wirklich durchlaufen und gelebt haben wir unser Leben dann wohl nicht. In all der Gier nach dem nächsten großen Pluspunkt im Lebenslauf, in all dem Stress, diesen auch zu erreichen und unter all dem Druck, den wir uns für unsere Ziele selbst machen, dürfen wir nicht vergessen, dass uns am Ende vor allem unser Leben und unsere Erinnerungen an die schönen Erlebnisse bleiben und nicht das Stück Papier, das sich Lebenslauf schimpft, obwohl es unseren Lauf durchs Leben doch eigentlich kaum erfassen kann.

Felicitas Frei

Nr. 28

Liebe Leser,

ich bin vor einigen Wochen auf diesen Blog aufmerksam geworden und lese seitdem jede Ausgabe.
Das Thema, das Herr Argus sich für seinen Blog ausgesucht hat, ist wirklich interessant und regt zur Diskussion an. An dieser Stelle möchte ich mich einbringen. Mein Name ist Leopold Bergmann. Den Namen braucht ihr übrigens nicht zu googeln, da es keine Einträge über mich gibt. Das ist meine erste Aktivität im Internet. Die nötigen Grundkenntnisse zum Umgang mit einem Computer habe ich mir mithilfe eines Senioren-Computerkurses angeeignet, damit ich euch auch meine Meinung auf dem schnellen und bequemen Weg des Internets mitteilen kann. (Der Veröffentlichungsweg von Leserbriefen zu Zeitungsartikeln ist mir einfach zu lang).

Zunächst einmal kann ich Herrn Argus zustimmen, wenn er sagt, Auslandsaufenthalte seien nicht gut, solange sie nur unternommen werden um Spaß zu haben. Manche Menschen erzählen nach so einer Erfahrung, sie hätten nun eine ganz andere Sicht auf die Dinge. Dabei sei aber bemerkt, dass niemand in der Lage zu sein scheint zu erklären, was das für eine Sicht sein soll. Ich persönlich denke nicht, dass man während eines Auslandsjahres, eines Freiwilligen Sozialen Jahres oder sonstiger Zeitvertreibsmöglichkeiten besonders viel Lebenserfahrung sammeln kann. Die Erfahrungen, die man dort machen mag, haben doch überhaupt nichts mit dem alltäglichen Leben zu tun. Wie kann man im Ausland etwas lernen, das einem in der Gesellschaft im Heimatland weiterhelfen kann? Außerdem sind diese Dinge Erscheinungen unserer modernen Gesellschaft. Wann ist dieser Trend mit dem Verlangen nach Bildung und Selbstfindung aufgekommen? Vor fünf Jahren? Ich denke, das alles ist unnötig, denn früher, zu meiner Zeit, machten viele noch nicht einmal ein Abitur. Ich bin das beste Beispiel dafür, dass es auch ohne diesen ganzen Firlefanz geht. Insbesondere durch das Gymnasium und Abitur entsteht nämlich nur Druck. Die junge Generation, zu der ihr gehört, macht sich viel zu viel Stress. Das höre ich oft genug im Radio oder lese es in der Zeitung. Es ist ja schon ein allgegenwärtiges Thema: Die junge Generation leidet unter dem Leistungsdruck, will aber die Lebenserfahrung, die sie durch den Lernstress nicht hat, um jeden Preis in Auslandsjahren sammeln.

Als ich jung war, war es wichtig, möglichst früh Geld zu verdienen, um auf eigenen Beinen stehen zu können. Dazu hat man nach der Volksschule eine Lehre gemacht und, wenn sich die erste Gelegenheit bot, geheiratet. Denn meine Jugendzeit war die Nachkriegszeit. Da war man froh, wenn man ein Auskommen hatte und an hochfliegende Wünsche und Träume war nicht zu denken.

Ich bin 1945 geboren, als der Krieg gerade zu Ende war und wuchs am Meer im Westen von Schleswig-Holstein auf. Zu meinem sechsten Geburtstag bekam ich ein kleines selbstgeschnitztes Holzschiffchen von meinem Vater geschenkt. Damit ging ich oft zum Strand und spielte am Wasser. Die Schiffe sind bis heute eine große Leidenschaft von mir. Schließlich kam ich auf die Volksschule und lernte neben Lesen, Schreiben und Rechnen auch praktische Dinge für den Alltag. Die Mädchen lernten Nähen und wir Jungen lernten den Umgang mit Holz und anderen Werkstoffen. Von da an wusste ich, was ich später einmal werden wollte. Nachdem die Volksschule und anschließend die Mittelschule abgeschlossen waren, begann ich eine Ausbildung zum Schreiner. Das war vor 55 Jahren. Viele Jungen in meinem Alter lernten einen handwerklichen Beruf. Es war also eher unüblich, auf das Gymnasium zu gehen. Mit zwanzig Jahren heiratete ich dann meine Frau, weshalb wir dieses Jahr unsere goldene Hochzeit feiern. Momentan wohnen wir im Süden von Niedersachsen und sind dort sehr glücklich.

So seht ihr, dass man nicht ständig reisen oder die ehrgeizigsten Ziele im Leben haben muss, um ein schönes Leben zu führen. Das hat mir meine Vergangenheit gezeigt.

Viele Grüße
Leopold Bergmann

Nr. 27

Der nicht so perfekte, aber menschliche Lebenslauf?

Lieber Justus M. Argus, liebe MitleserInnen,

vor kurzem hat mir ein Freund von diesem Blog erzählt und da mich das Thema sehr interessiert, konnte ich es einfach nicht lassen, hier meinen Senf auch mal dazu zu geben und einen Kommentar zu schreiben. Bevor ich aber zum Thema komme, erstmal ein paar Daten über meinen schändlichen Lebenslauf, der bestimmt den Glanz dieses perfekten Blogs etwas reduzieren wird: Ich heiße Finn und bin 20 Jahre alt. Nach meinem Abitur habe ich eine Ausbildung zum Fachinformatiker angefangen und bin mittlerweile im zweiten Ausbildungsjahr. Ich bin das jüngste von drei Kindern, meine zwei Schwestern studieren. Obwohl ich meine Ausbildung ernst nehme, gibt es für mich auch noch andere Prioritäten. Zum Beispiel verbringe ich gerne viel Zeit mit meinen Freunden. Außerdem mache ich viel Sport als Ausgleich zu meinem Beruf, der doch mit eher weniger Bewegung verbunden ist. Und nun zum Thema dieses Blogs: Lebensläufe. Mein lieber Justus, es ist ja sehr löblich, dass du so engagiert und motiviert bist, aber was hast du nach deinem abgeschlossenem Jurastudium noch davon? Es liegt vielleicht ein toller Lebenslauf in deiner Bewerbungsmappe, aber hast du dann auch noch Freunde? Hattest du dann Spaß? Nach dem Studium gibt es noch genügend Zeit, um ein normales, langweiliges Leben zu führen. Aber hey, du bist 18, du bist Student, du hast so viele Möglichkeiten! Verbring doch nicht deine Freizeit im Studium auch noch mit Studieren und Lernen! Triff Freunde und genieße dein Leben! Wenn du keine Zeit mit ihnen verbringst, sind sie schneller weg, als du schauen kannst. Übrigens legen heute viele Arbeitgeber Wert auf soziale Kompetenzen. Als Führungskraft braucht man soziale Fähigkeiten und den richtigen Umgang mit Mitmenschen.

Kommen wir zum nächsten Punkt. Für mich ist es nicht selbstverständlich, dass man nach dem Abitur direkt studiert. Ich finde es super, dass wir jungen Leute so viele Möglichkeiten haben. Ich kenne viele, die ein Freiwilliges Soziales Jahr oder ein Auslandsjahr gemacht haben und sehr positiv davon berichtet haben. Sie haben in diesem Jahr sich selber und ihre Ziele um einiges besser kennengelernt. Das hätte dir, mein lieber Justus, sicher auch gut getan, wenn ich die Geschichte von deiner Teilnahme am Charitylauf lese und feststelle, wie leicht du dich aus der Bahn bringen lässt. Ich selbst habe kein FSJ oder ähnliches nach meinem Abitur gemacht, sondern habe mich dazu entschlossen, eine Ausbildung zu machen. Und gerade dieser Schritt hat mich einiges an Kraft gekostet, da mir von vielen anderen Abiturienten nur Unverständnis entgegen schlug. Auch meine Eltern waren überrascht, als ich ihnen meine Entscheidung mitteilte. Heutzutage fühlen sich viele Azubis spöttisch belächelt von den Studenten.

Es mag ja sein, dass es solche Menschen wie dich, Justus, gibt, die schon von klein auf wissen, was sie machen wollen. Aber es gibt weitaus mehr Menschen, die mit 18 Jahren noch nicht wissen, welche beruflichen Wege sie einschlagen wollen. Auch deshalb schreibe ich diesen Leserbrief: Ich möchte diejenigen beruhigen, die mit 18 noch auf der Suche sind. Denn auf dieser Suche habe ich mich auch befunden. Eine Ausbildung ist meiner Meinung nach ein guter Anfang, wenn man auf der Suche ist. Man findet heraus, ob der Beruf zu einem passt, man hat etwas in der Tasche und man hat gute Aussichten, sich später möglicherweise noch ein Studium zu finanzieren. Stellvertretend für viele Auszubildende präsentiere ich hier bewusst einen anderen Lebenslauf. Er mag vielleicht nicht so perfekt sein, wie du ihn gerne hättest, aber ich denke, er kommt der Realität vieler junger Erwachsener näher als dein Lebenslauf.

Dann habe ich noch eine Frage. Woher kommt dein Leistungswahn? Man könnte meinen, du wärst das Wunschkind unserer Gesellschaft. Du hast dein Abitur gemacht und fängst mit 18 an zu studieren. Du bemühst dich um jede nur erdenkliche Form der Anerkennung, um besondere Leistungen in deinem Lebenslauf stehen zu haben. Aber was machst du mit deinem perfekt erarbeiteten Lebenslauf, nachdem du einen Job angenommen hast? Dann verstaubt dein Lebenslauf auf deinem Schreibtisch. Willst du das wirklich? Es gibt wirklich wichtigere Dinge im Leben. Denn nur Ruhm und Ehre und am Ende viel Geld werden dich nicht glücklich machen. Lass doch mal den Leistungsdruck aus dem Spiel und mache das, wovon du auch noch viele Jahre später etwas hast: Stürze dich ins Abenteuer und nimm an Aktionen teil, über die du noch als alter Mann lachen wirst. Investiere in Freundschaften, die dich auch in schwereren Zeiten noch tragen.Versuche nicht die ganze Zeit über zu beweisen, dass du besser als der Rest bist, irgendwann macht dich das noch kaputt. Mit diesen Ratschlägen verabschiede ich mich erstmal und freue mich auf eine Diskussion und interessante Antworten.

Bis demnächst

Finn

Nr. 26

Sehr geehrte Leserinnen und Leser, sehr geehrter Justus,

mein früherer Sekretär, und mittlerweile guter Freund, hat mich auf diesen Blog aufmerksam gemacht und mich gebeten, mit Hilfe meiner Erfahrungen einen Beitrag zu leisten.

Warum ich mich qualifiziert fühle, einen Kommentar zu verfassen? Schon in jungen Jahren fing ich an für einen international tätigen Internetriesen zu arbeiten. Dies schlichtweg, weil ich mich fragte, wieso man als Hacker immer für die „böse Seite“ arbeiten muss. So fing ich ganz unten in diesem Unternehmen an, schaffte es jedoch über die Jahre die Führung einer Abteilung zu übernehmen, die sich hauptsächlich mit der Sicherheit rund um diesen IT-Dienstleister beschäftigte. Als Abteilungsleiter musste ich mich natürlich dem Wachstum meines Betriebs anpassen und weitere Mitarbeiter einstellen. Und so sind wir wieder beim Thema: Der Lebenslauf.

In meiner Branche ist bei der Bewerbung ein Lebenslauf von sehr großer Bedeutung. Der Lebenslauf ist das Fundament der Entscheidung darüber, ob man eingestellt wird oder nicht, und er bestimmt bei der Bewerbung den ersten Eindruck über den Bewerber. Wenn ich während meiner Zeit als Manager etwas gelernt habe, dann, dass der erste Eindruck oftmals der entscheidende ist. Ein guter Lebenslauf ist das Ticket für ein Bewerbungsgespräch.

Die Funktion eines Lebenslaufs ist es, den Eindruck zu vermitteln: „Ja! Ich bin eine Bereicherung für meinen Arbeitgeber!“. Dies schafft man natürlich nicht nur durch Auflistung der Orte, die man schon besucht und der Studiengänge, die man belegt hat, sondern durch gezielt platzierte, ansprechend formulierte Informationen über sich selbst..

Der Lebenslauf ist der wichtigste Bestandteil einer Bewerbung, jedoch nicht der einzige. Je nach Bewerbungsstelle ist das Anschreiben auch von höherer Bedeutung. Sie gibt dem Bewerber die Chance Informationen über sich preis zu geben, die nicht in einen Lebenslauf gehören, wie zum Beispiel wichtige Charaktereigenschaften für die Stelle, um die er sich bewirbt. Wichtig hierbei ist jedoch, trotz allem immer formell zu bleiben. Oftmals wird eine zu persönliche Bewerbung als unprofessionell empfunden und demnach sofort beiseite gelegt.

Was abschließend zum Thema Lebenslauf noch gesagt werden muss, ist, dass es hierfür kein Patentrezept gibt und auch nie geben wird. Der Erfolg ist immer abhängig von der ausgeschriebenen Stelle, den Lesern der Bewerbung, dem Bewerber selbst usw. Ein makelloser Lebenslauf führt nicht unbedingt zu einer Anstellung.

In diesem Beitrag habe ich lediglich meine eigene Meinung zur Bedeutung eines Lebenslaufes preisgegeben, die sicher nicht jeder Arbeitgeber mit mir teilt.

Mit freundlichen Grüßen

Fritz Weingarten

PS: Dies ist natürlich nicht mein echter Name, da ich dem Internetriesen nicht zu viele Informationen über mich preisgeben will.

Nr. 25

Weißt du, wie du Gott zum Lachen bringen kannst? Erzähl ihm deine Pläne.

Blaise Pascal

3

Hey alle miteinander.

Also ich will ja jetzt niemandem zu nahe treten … aber ist mein Vorposter, dieser Anarchist, irre oder ist schriftliches Schreien eine neue Form künstlerischen Ausdrucks?

Naja, jedenfalls bin ich mir auch nicht so ganz sicher, wie ich hier gelandet bin. Ich bin in der Zehnten und muss für die Schule so einen Text über Lebensziele und Weltanschauungen und noch irgendwelchen Klumpatsch schreiben und ich hab ehrlich gesagt keinen Plan wie. Dachte, da hier ja alle Experten zu sein scheinen kann mir vielleicht jemand helfen. Wobei…bei der doofen Aufgabenstellung hat wahrscheinlich keiner Bock drauf. Da steht, wir sollen vor allem darauf achten stilistisch der fiktiven Person treu zu bleiben die wir in dem Text verkörpern. Ein 60-jähriger Professor schreibe ja anders als eine 16-jährige Misswahl-Teilnehmerin. Was für ein Humbug! Meine Freundin meinte schon, man müsse aus Protest gegen das Klischee aus der Sicht einer 16-jährigen Professorin, oder eines 60-jährigen Misswahl-Teilnehmers schreiben.
Andere Vorschläge gabs auch noch, aber mit denen kann ich nichts anfangen, so einfallsreich wie die sind…Arzt einer Burnout Klinik/Klinik für Essstörungen, Priester, Talentscout…
Warum denn kein essgestörter Arzt in einer Burnout Klinik, das wärs doch mal! Und der kann dann ja mit einer burnoutkranken Ärztin einer Essstörungs-Klinik verheiratet sein und die haben dann drei Kinder, von denen ist eins nur geburnoutet, eines nur essgestört und eines ist geburnoutet und essgestört, und das nur geburnoutete ist auch noch drauf und dran, alkoholsüchtig zu werden.
Und das nur essgestörte ist ein Mädchen und wird von einem Talentscout für Misswahlen gecastet, der übrigens schwul und mit einem 60-jährigen Theologieprofessor liiert ist. Oder der Talentscout ist für die Besetzung von Musicalrollen zuständig und trifft den 16-jährigen Freund der essgestörten Tochter des essgestörten Arztes der Burnout Klinik und der Burnout kranken Ärztin der Essstörungsklinik. Und der 16-jährige Freund ist Theologieprofessor und der Talentscout scoutet ihn für die Rolle eines modernen, grottenschlechten Remakes von Jesus Christ Superstar, weil der ihn für so eine Art nächsten Messias hält, da es ihm wie ein Wunder vorkommt, dass einer in dem Alter Professor ist.
ODER das geburnoutete Kind ist nicht alkoholsüchtig, sondern die Mutter, weswegen das jüngste, geburnoutete UND essgestörte Kind so verwahrlost ist, dass der Freund vom schwulen Talentscout, der 60-jährige Theologieprofessor es ohne Weiteres…ähhh okay das war jetzt vielleicht doch ein bisschen hart, ich gebs zu. Naja jedenfalls brauchen die ja auch Lebensziele. Da steht noch als Vorschlag sowas wie Langzeitstudent, arbeitsloser Manager, Nerd, Künstler, Profisportler, Konzertpianist. Der 16-jährige Freund von dem magersüchtigen Kind, der Theologieprofessor, der könnte ja als Lebensziel haben Manager vom Vatikan zu werden und sich dann so unmöglich zu verhalten, dass er gekündigt wird und eine fette Abfindung kriegt, von der er als Künstler arbeiten kann. Oder das geburnoutete Kind ist nur geburnoutet, weil es das Lebensziel der bulimiekranken Oma ist, die mit dem 60-jährigen Misswahl-Teilnehmer verheiratet ist, ihr Enkelkind zum Konzertpianisten zu machen und es damit erpresst, dass es nix vom Apfelkuchen kriegt, wenn es nicht mindestens sechs Stunden am Tag übt. Oder noch besser: Das geburnoutete UND essgestörte Kind ist nur geburnoutet und essgestört weil die Oma es zum Konzertpianist machen will und der ebenfalls essgestörte Vater von ihm erwartet, dass es Profi-Sportler wird und ihm ständig sagt, es solle nicht so viele Süßigkeiten und Kohlenhydrate in sich hineinschaufeln, weil man davon schwabbelig wird und davor hat das Kind dann Angst, weil es zudem auch noch überängstlich und leichtgläubig ist.

Vielleicht gibt es da aber auch einen Langzeitstudenten, der nebenberuflich Künstler ist und eine Aktreihe vom 60-jährigen Misswahl-Teilnehmer macht und das ist dann Gesellschaftskritik. So ähnlich wie das, was die Evolutionsbremse vor mir da von sich gibt, nur besser. Und der essgestörte Arzt hat ein Faible für sowas, weil er sich darin bestätigt fühlt und kriegt über einen Bekannten ne Einladung zur Vernissage, aber die Kinder dürfen nicht mit, weil alle Angst haben, dass die Bilder so verstörend sind, dass am Ende alle nicht nur geburnoutet und/oder essgestört sind sondern auch noch an einer posttraumatischen Belastungsstörung leiden und das wäre dann schlimm, weil das könnte ja keiner von den Eltern therapieren. Und das Lebensziel des Künstlers ist es ja, erfolgreich Gesellschaftskritik zu üben, aber das scheitert logischerweise, weil die zukünftige Gesellschaft das ja nicht mitkriegen darf.

Ach manno ich kann mit dem ganzen Zeug einfach nix anfangen. Ich mein was soll ich denn in meinem Alter über Lebensziele schreiben? In MEINEM Lebenslauf steht ja nicht mehr als „hat erfolgreich KiTa und Grundschule abgeschlossen“. Ich weiß ja nicht mal was ich nach dem Abi machen will und welchen Beruf schon gar nicht. Und ich weiß auch nicht ob ich erst ein Freiwilliges Soziales Jahr oder ein Jahr Aupair oder ein Jahr Work and Travel machen soll.FSJ machen alle, bei Aupair hab ich so Angst vor den irren Eltern über die sich immer alle beklagen und Work and Travel ist mir definitiv zu viel Work. Oder soll ich gleich studieren, wie Justus so schön predigt?

Na toll jetzt bin ich deprimiert.
Wäre voll nice von euch, wenn ihr mir Vorschläge zu der Person und ihrem Lebensziel für meinen Text macht.

Bis dann,

Zoe

Nr. 24

Die Lebensläufer – sind scheiße!!!

Fuck the Police No Justice No Peace

Broken Culture

3

Muhahahaha!!!

Justus, Verdammter! Ruhe in Frieden.
Können wir AnarchistInnen doch nicht das deutsche Schweinesystem von einer asozialen Marktwirtschaft eliminieren, so bin ich doch in der Lage, mir über deinen Blog bei Schnöseln, Karrieristen und Arschkriechern Gehör zu verschaffen.
Welche Ironie! Dem erfolgreichen Jura-Studenten versagt der Schutz durch das Gesetz, weil er sich wie alle anderen auf Einschränkungen und mahnende Zeigefinger verlässt. Abrakadabra, Simsalabim, hier eine Taste gedrückt, mit dieser noch schnell die Identität verschleiert, so fix geht das und jetzt rate mal, wie egal mir das ist, ob du den Hackerparagraf auswendig kennst! Meinen Namen kriegst du so oder so nicht raus.

Aber zunächst zu meiner Wenigkeit:
Ich bin ein viel gefragter Erste-Sahne-Hacker und seit ca. drei Jahren dabei. Meine Mission ist es, die Gehirnwäsche der Data Warehouse Analysts, Advertising Directors, der inkompetenten Investoren- und Politiker-Lackaffen und „arbeitnehmerfreundlichen“ Saubermannkonzerne rückgängig zu machen und die Welt von der Tyrannei des SCHWEINESYSTEMS zu befreien!

Nun fragt ihr euch, die ihr im Dunkeln tappt wie willenlose Zombies auf der Suche nach Erleuchtung, warum ich ausgerechnet auf unbedeutenden Internetblogs wie diesem den Beginn der Revolution suche. Nun, Menschen wie Justus, Menschen wie diese ach so vorbildlichen Lebenslauf-Geradebügler, die sonst ständig auf dieser lästigen Systempropaganda-Plattform herumschwadronieren, sind es, die die Zensurbalken über unser aller Leben, Denken und Handeln legen. Sie sind der Indoktrinationsapparat der Unterdrücker!
Ein Jura-Student!!! Das ist der Inbegriff einer erfolgreich infiltrierten Marionette des SCHWEINESYSTEMS, die ihr Fünkchen Intelligenz und Belastbarkeit an ein Prädikatsexamen summa cum laude primo bravissimo verschwendet, nur um uns später mittels lästiger Gesetze gegen das Hacken, freihändig Fahrrad fahren oder Sprayen das Geld aus der Tasche zu ziehen. Sie sind die Schmiede unserer rechtlichen Gitterstäbe, die Henker unserer Unabhängigkeit. Ihr wollt den ultimativen Beweis? Allein bei der Sache mit den Lebensläufen fängt es ja schon an. Gäbe es keinen Leistungszwang, keinen maximalen Macht-Profit und keine Erfolgsgeilheit einzelner Konzernchefs, Weltpolitker und Steuerschmarotzer, müssten deren Handlanger auch keine tadellosen Werdegänge vorlügen. Dieses Geschleime, diese nahezu selbst erbettelte Abhängigkeit von den Ansichten der Despoten – Verabscheuungswürdig! Der Eifer, mit dem ihr Leser dieses Schandblattes euch der Bewegung des mechanischen, ehrgeizlosen Ehrgeizes anschließt – der epidemischen Verbreitungsgeschwindigkeit der Pest gleich!

Nehmt euch mich zum Exempel! Ihr werdet es nicht glauben, doch auch ich habe im zarten Alter von 18 Jahren ein Jura-Studium begonnen, geblendet vom strahlenden Antlitz des SCHWEINESYSTEMS, nichts ahnend von seinem madenzerfressenen Innenleben. Die Erkenntnis überkam mich, als ich bereits das dritte Mal unerhörterweise und natürlich ganz und gar unbegründet durchs erste Staatsexamen rasselte. Die Schmach, die mich beim ersten und zweiten Mal überkommen hatte, verflog bereits weniger als zwei Wochen nach der Kundgabe der Ergebnisse. Ich dachte mir: Warum soll ich mich noch in eine vorgefertigte Norm von vier Mindestpunkten pressen lassen, warum noch den missbilligenden Gesichtern meiner Professoren und Prüfer Beachtung schenken, warum mir später im Berufsleben ständig die Floskel „don’t call us, we will call you“ aufgrund schlechter Zensuren anhören müssen.
Nieder mit den Petroleumlampen! Freiheit für die Armleuchter! Ich habe beschlossen meine geistigen Fähigkeiten in den Dienst der Befreiung von festgelegten Anforderungen, Gesetzen und Mindestleistungserwartungen zu stellen! Tut es mir gleich, erhebt euch gegen das SCHWEINESYSTEM!!!

Justus M. Argus! Vor dem Jüngsten Gericht der Gesellschaft helfen dir auch deine Paragrafen nichts mehr! Der Tag wird kommen!

Herzlichst,
Proudhon_is_hot69xxx

Notiz an meinen Therapeuten: Pah! Von wegen Züge einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung! Was ich von mir gebe, ist die goldene Wahrheit und nicht die von ihnen als „Nachgeburt meines gescheiterten Lebensweges“ bezeichnete verzerrte Wahrnehmung der Tatsachen!

Notiz an meine Mutter: Und nochmal!! Es ist nicht einfach nur Tiefkühlpizza. Es ist BIO-Tiefkühlpizza! Und außerdem ist es modifikationsbiologisch unmöglich, dass die Augen viereckig werden, ich habs gegooglet!

Notiz an alle Leser: Holt euch Minecraft! Die zur Zeit beste und attraktivste Anarchiesimulation! Selbstverständlich als kostenfreie gecrackte Version auf meiner Website www.proudhon_is_hot_und_anarchie_ist_geil_oder_so.de erhältlich.

Nr. 23

Kein Konzept

Eigentlich weiß ich gar nicht so recht, was ich schreiben soll. Man bat mich, einen Eintrag für einen Blog zu verfassen, der sich mit verschiedenen Lebenskonzepten auseinandersetzt. Dabei habe ich doch gar kein Konzept.

Vor einiger Zeit bin ich abends durch die Stadt geschlendert, wollte einfach raus und den Kopf freibekommen, bei einem ziellosen Spaziergang am Rhein entlang. An dem Tag hatte wohl ein Lauf dort stattgefunden. Überall lagen noch leere Plastikflaschen auf dem Boden und die Absperrungen waren noch nicht komplett entfernt worden. Ich lehnte mich über eine der Metallabsperrungen und schaute rüber zur anderen Rheinseite. Die Sonne ging allmählich unter und der Himmel hatte sich wunderschön violett gefärbt. Es war nicht sonderlich bequem, sich an dieser Stange abzustützen, dennoch wollte ich noch ein wenig am Wasser verweilen und die Gedanken kreisen lassen. Ich schaute mich nach einer Sitzgelegenheit um. Leider war ich wohl nicht die Einzige, die sich spontan entschlossen hatte, den Sonnenuntergang zu bewundern. Zunächst sah es so aus, als seien alle Bänke am Ufer belegt, aber dann erblickte ich eine, auf der sich bisher nur ein junger Mann niedergelassen hatte. Ich schlenderte hinüber und gesellte mich zu ihm. Er sah etwas durch den Wind aus und roch nach Alkohol. Kurzzeitig überlegte ich, mich wieder von meinem Platz zu erheben und zu gehen. Schließlich verspürte ich keine große Lust von einem betrunkenen Kerl von der Seite angemacht zu werden. „Mein Kopf..“, stöhnte er plötzlich neben mir und vergrub sein Gesicht in den Händen. „Eigentlich trinke ich nie einen Schluck Alkohol. Aber an manchen Tagen ist das wohl bitter nötig. Heute war einer davon.“ Jetzt drehte er seinen Kopf in meine Richtung und lachte. Es war ein sehr freundliches Lachen, was mich vermutlich auch davon abhielt aufzustehen. So lernte ich also Justus kennen. Er erzählte mir von seinem seltsamen und ereignisreichen Tag. Die Zeit verging, wir redeten über Gott und die Welt. Im Laufe des Gesprächs kam er auch auf diesen Blog zu sprechen und war der Meinung, dass ich gut in sein Konzept passen würde. Naja, Justus, ich weiß ja nicht. Ich möchte dir hiermit aber den Gefallen tun:

Mein Name ist Yuna und ich bin diesen Mai 22 Jahre alt geworden. Oder jung. Aber das ist ja immer relativ. Für eine Anwältin wäre ich viel zu jung, um ein Model zu sein allerdings schon beinahe zu alt. Ein Model könnte ich ohnehin nicht sein, dafür bin ich mit meinen knapp 1,70 m viel zu klein und mein Hintern wäre dafür viel zu groß. Und für eine Anwältin wäre ich zu undiszipliniert. Das Jurastudium würde ich nie bewältigen. Nun, wie verbringe ich meine Zeit stattdessen? Vor allem mit Freunden in Cafés und Museen. Oder auf Reisen. Und wo sehe ich mich in der Zukunft? Gute Frage, nächste Frage. Einfacher zu beantworten wäre: Wo nicht? Mein Philosophie-Studium beende ich bald mit dem Bachelor, einen klaren Weg danach gibt es nicht. Ich habe 1000 Ideen im Kopf von Lebens- und Arbeitsfeldern, die ich gerne ausprobieren würde. Die Arbeit in einer Zeitschriftenredaktion kann ich mir vorstellen oder eine Tätigkeit als Dozentin an der Universität … vielleicht möchte ich mich aber auch mit meiner Fotografie verwirklichen, die momentan eher ein Hobby darstellt. Es gibt so wahnsinnig viele interessante und reizvolle Tätigkeiten und Bereiche. Ich möchte mich gar nicht für einen Weg, der den Rest meines Lebens bestimmt, entscheiden. Natürlich ist eine solche Lebenseinstellung sehr unsicher und Sicherheit ist den meisten Menschen heute bei der Berufswahl sehr wichtig. Das kann ich auch nachvollziehen, aber die Aussicht auf Absicherung steht für mich nicht im Verhältnis zu Selbsterfüllung und Abwechslung. Mein Plan sieht auch nicht so aus, dass ich in weniger als 10 Jahren verheiratet sein will und mit Hund und Kindern auf dem Land lebe. Das mag eine schöne, Heile-Welt-Vorstellung für viele Menschen sein, aber mir graut es vor dieser Aussicht. Nicht, dass ich ausschließe, Kinder zu haben, aber ich möchte nicht das idyllische, klassische Familienleben führen. An das Konzept der Ehe glaube ich ohnehin nicht – ohne unromantisch klingen zu wollen. Ist es nicht ein viel größerer Liebesbeweis, wenn man für immer zusammenbleiben möchte, ohne den Drang zu verspüren, diesen Plan offiziell unterschreiben zu lassen? Ich möchte mich auch gar nicht so abhängig machen. Ich möchte frei sein und niemandem Rechenschaft geben müssen. Jedenfalls im Moment.

Meine Eltern sagen, ich hätte einen „unkonventionellen Lebensstil“. Ich finde das übertrieben, aber in gewisser Weise haben sie wohl recht. Es fällt mir zumindest keine treffendere Beschreibung ein. Dabei bin ich im Vergleich zu meinen Eltern sogar fast spießig. Die Beiden haben sich damals auf einer Reise in Neuseeland kennengelernt. Sie ist Deutsche, er Portugiese. Wir waren lange in der Welt unterwegs, bis wir uns in Deutschland niedergelassen haben. Der Grund für den Umzug nach Deutschland war die Krankheit meiner Großmutter. Meine Mutter wollte die Zeit, die Oma noch bleibt, mit ihr verbringen und sie pflegen. Ich fühle mich hier allerdings auch recht wohl. Trotzdem zieht es mich auch wieder woanders hin. Nach dem Bachelor werde ich wohl erst mal mit meiner Kamera losziehen und einige Zeit herumreisen. Vielleicht befreit das meinen Kopf – sodass ich das nächste Mal ein ordentliches Lebenskonzept präsentieren kann. Oder ist kein Konzept auch ein Konzept?

Yuna Weyhe-Rocha